Auf Noaras Spuren durch Qualan
Es war Mitte Mai vergangenen Jahres als mir Jon sein noch unfertiges Manuskript zuschickte. Mit seinen 125 Seiten schien die Geschichte mit dem Titel “Der Krähenmeister” ein durchaus ernstzunehmendes Lockdown-Projekt zu sein. Schnell wandelte ich das PDF in ein Kindle-gerechtes Format um und begann die ersten Seiten zu lesen.
Weil das Manuskript nicht von irgendjemanden kam, hatte ich doch bestimmte Erwartungen an die Geschichte. Immerhin kannte ich Jon nun schon seit fast zehn Jahren und wusste nicht nur um seine Leidenschaft gelegentlich in diverse Abenteuer- und Fantasiewelten abzutauchen, sondern kenne auch die Arbeitsweise, mit denen er sich seinen Projekten widmet.
Jedenfalls war ich gespannt. Würde mich die Geschichte mitreißen können, oder nicht? Und wie erklärt man – im schlimmsten Fall – einem guten Freund, wenn sich sein geschaffenes Fantasy-Werk von der ersten bis zur letzten Seite durch quälende Langatmigkeit auszeichnet, die nur stellenweise von Kitsch und grotesker Stümperei durchbrochen wird?
Obwohl ich mir sicher bin, dass auch eine vernichtende Kritik des Manuskripts unsere Freundschaft nicht sonderlich gefährdet hätte, stellte ich zu meiner Freude bereits nach einigen Kapiteln fest, dass Jons Geschichte mich voll und ganz mitreißen konnte. Von Anfang an mochte ich die Charaktere und die Welt, die er erschaffen hatte und je mehr ich las, desto besser gefiel mir das Manuskript.
Nachdem ich Jon meinen ersten positiven Eindruck geschildert hatte, begannen wir regelmäßig die einzelnen Kapitel zu besprechen und so konnte ich ihm den einen oder anderen Gedanken mitgeben, während er seine Geschichte zu Ende brachte. Das machte unheimlich Spaß und irgendwann erwähnte Jon, dass es zu seiner Welt (Qualan) auch eine Karte gab. Als der visuelle Typ, der ich bin, fand ich das großartig und freute ich mich sofort darauf.
Was ich zunächst zu sehen bekam war ein jahrealtes Bleistiftgekritzel, der Ur-Entwurf einer Karte Qualans, auf dem geografisch kaum etwas zu erkennen war.
Trotzdem hatte das Papier etwas magisches und bei der Fülle von Namen diverser Provinzen, Städte und Flüsse wurde mir klar, dass Qualan bereits komplex und gut durchdacht war. Natürlich war auch Jon der Meinung, dass dieser alte Entwurf dringend verbessert werden musste, sollte eine Karte jemals den Weg ins Buch finden…
Um es mir leichter zu machen, mich in der erfundenen Welt zurechtzufinden, schickte Jon mir nach kurzer Zeit eine komplett neu-überarbeitete digitale Version der Karte, die er im klassischen Microsoft Paint-Design entworfen hatte und die dementsprechend visuell, sagen wir mal, „minimalistisch“ gehalten war. Hier unten kannst du einen Blick darauf werfen.
Trotzdem konnte ich mir jetzt einen guten Eindruck von Jons Welt verschaffen und es machte großen Spaß die Geschichte auf einer übersichtlichen Karte im Detail nachzuvollziehen. Ich erinnerte mich daran, wie ich vor vielen Jahren auf einem Strand in Kroatien zum ersten Mal den Herrn der Ringe gelesen hatte und anstatt schwimmen zu gehen lieber Frodos und Sams Reise auf Tolkiens großartiger und handgezeichneter (!) Karte vom Auenland ins Bruchtal und weiter nach Mordor verfolgte.
Zu diesem Zeitpunkt begann es mich richtig in den Fingern zu jucken. Wie wäre es, kam mir der Gedanke, wenn ich mit meinen semiprofessionellen Photoshopkenntnissen Jons Gebirgsstriche durch anschaulichere Grafiken ersetzen und seiner Karte einen pergamentähnlichen Hintergrund verpassen würde? Ohne Jon erst großartig zu fragen, machte ich mich, entflammt von meiner Idee an die Arbeit. Ich übertrug zunächst Berge, Bäume und zwei Burgen mit Photoshop, wobei ich Pinselstriche von Star Raven verwendete (https://www.deviantart.com/starraven). Spät in der Nacht war sie dann geboren: die erste Version meiner Qualan Karte.
Jon war jedenfalls von dem ersten Entwurf begeistert und erhob mich sofort feierlich zum offiziellen Kartenzeichner seines Buches. Das war der Beginn unserer kreativen Zusammenarbeit und gemeinsam erstellten wir eine erste Liste mit Ergänzungs- und Änderungsvorschlägen für die Karte, die ich dann versuchte, so gut wie möglich umzusetzen. Dieses Muster wiederholte sich oft in vielen Sitzungen und es entstanden eine Fülle von immer neueren, immer detaillierteren Karten. Hier unten kannst du dir die Evolution der Karte noch genauer ansehen.
Und eines Tages war sie dann fertig, die Karte von Qualan!
Wir waren beide zufrieden und inzwischen war auch die Idee, eine Website für das Buch zu erstellen aufgekommen. Jon wurde es immer ernster mit seinem Krähenmeister-Projekt und fragte mich, ob ich das Buch mit ihm zusammen im Selbstverlag herausgeben würde. Gemeinsam gründeten wir schließlich das Silberbuche-Kollektiv und traten damit eine Reise voller neuer Herausforderungen und Überraschungen an. Unser erstes Ziel ist es, sein Buch an alle Leser und Leserinnen zu bringen, die Lust auf ein gutes neues Fantasy Abenteuer haben. Und danach hoffentlich noch weitere, doch dazu ein anderes Mal mehr …
Viel Spaß mit dem Buch und natürlich mit der Karte von Qualan!
Johannes